Network…: ein Text von Elena Hölzer

In der Zeit des Internets, den sozialen Medien und Reality TV verwischen sich schnell die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion. Wir akzeptieren, was wir im Fernsehen sehen und nehmen diese Realität an.

„Wo es Wirkungen gibt, sind auch Risiken und Nebenwirkungen. Digitale Medien erledigen geistige Arbeit für uns und nehmen uns das Denken ab […]. Medien bringen nicht den Ausgleich, wie oft behauptet wird, sondern verstärken bestehende Ungleichheiten und wirken dadurch unsozial statt sozial.“

So lautet es in einem Artikel zur Nutzung sozialer Medien und des Internets.

Und genau das zeigt der Film ,,The Network‘‘ aus dem Jahre 1976. Obwohl er nicht das Internet, sondern das Fernsehen ins Zentrum stellt, ist er über 40 Jahre nach seiner Veröffentlichung mindestens genauso relevant wie damals.

Die Handlung dreht sich um die Figuren Max, Howard und Diana. Alle drei sind bei dem TV-Netzwerk UBS in New York angestellt. Zu Beginn des Films wird Howard nach über 25 Jahren als Nachrichtensprecher wegen niedrigen Quoten gefeuert. In seiner Verzweiflung kündigt er in einer seiner letzten Sendungen seinen geplanten Selbstmord vor laufender Kamera an. Obwohl es nie zu diesem Selbstmord kommt, schießen die Einschaltquoten in die Höhe. Diana ist die

Programmmanagerin und sieht den ,,verrückt‘‘ gewordenen Howard als Chance wieder großen Profit zu machen. Sie beginnt eine Affäre mit Max, dem Nachrichtenchef, und klettert die Karriereleiter immer höher bis sie schließlich die ‚,Howard Beale Show‘‘ ins Leben ruft. Doch wo endet Ambition und wo beginnt Karriere um jeden Preis?

The Network ist ein Film, der packt. Nicht etwa, weil er mit reichlich Action und Special Effects versucht zu überzeugen. Oder weil es viel nackte Haut zu sehen gibt. The Network packt einen, weil er unserer Gesellschaft einen Spiegel vorhält.

In der Welt der Unterhaltungsindustrie zählen nur Einschaltquoten und der damit einhergehende Gewinn. Denn Geld regiert die Welt. Und The Network fängt es perfekt ein. Auf gesellschaftspolitischer Ebene kritisiert er die Generation Fernsehen. Dazu gehören die Macher und Zuschauer gleichermaßen. Auf der Seite der Macher stehen Max und Diana.

Max ist ein Mann fortgeschrittenen Alters, Howards Freund und um ihn besorgt. Er versucht ihm noch aus der Krise zu helfen, doch wird von seinen Kollegen und Diana in dem Vorhaben als Hindernis der Quoten gesehen. Inmitten dessen beginnen er und Diana eine Affäre miteinander, während er bereits seit 25 Jahren verheiratet ist.

Diana ist eine Karrieren-fixierte Frau und ihr Ziel ist es, den Sender auf Platz Eins zu bringen. Und diesen Plan verfolgt sie um jeden Preis und geht dafür sogar über Leichen. Sie sorgt dafür, dass der psychisch labile Howard eine eigene Show bekommt, nur damit die Quoten steigen. Ihr Motto ist immer extremer, immer lauter, immer schockierender.

Sie ist ein Beispiel dafür, wie emotional abgestumpft man sein kann. Denn sie erfüllt in The Network das Klischee einer erfolgreichen Frau, die durch ihre Ambition nicht fähig ist eine erfolgreiche Beziehung zu führen.

Auf der Seite der Zuschauer stehen Howard und sein Publikum. Howard ist der Meinung nach seiner Kündigung ,,im Besitz einer großen, letzten Wahrheit‘‘ zu sein. Er beginnt zu seinem Publikum auf direktem Weg zu sprechen und offenbart ihnen seine tiefsten Gedanken zum Showgeschäft. Damit schlägt er sich auf die Seite der Zuschauer, da er eine Art Rebellion gegen das TV führen will. Auffällig sind die vielen christlichen Referenzen im Film, welche das Machtverhältnis zwischen Zuschauer und ‚,Prediger‘‘ Howard Beale verdeutlichen. Hier greift die Kritik am Zuschauerverhalten ein. The Network macht klar, wie Zuschauer der Röhre (TV) aus der Hand fressen und dabei verlernen selbst zu denken. Besonders eindrucksvoll ist eine Szene, in der Zuschauer wegen Howard im Kollektiv aus dem Fenster schreien: ,,Ihr könnt mich alle am Arsch lecken. Ich lasse mir das nicht mehr länger gefallen!‘‘ Aber anstatt daraufhin wirklich selbstständig zu denken und handeln, tun sie einfach das, was ihnen gesagt wurde. Genauso klatschen sie begeistert, wenn er zwei Dinge predigt, die sich aber widersprechen. Der Film zeigt hier, wie das Individuum den Massenmedien unterliegt und kritisches Denken verliert.

Die immer gegenwärtige Teilung in ehrlich/hinterlistig, Illusion/Realität, Masse/Individuum, Macher/Zuschauer wird durch eine interessante Lichtsetzung verdeutlicht. Häufig verschwinden Gesichter oder ganze Menschengruppen im Schatten, anderes bleibt im Licht. Hier bleibt viel Interpretationsspielraum für den Zuschauer.

Ein eher unerfreulicher Aspekt des Films ist die Charakterentwicklung.

Es gestaltet sich wirklich schwierig eine emotionale Bindung zu den Figuren aufzubauen. Es steht fast nur die professionelle Seite der Personen im Vordergrund und man bekommt nur selten Einblicke in die persönliche Geschichte. Und damit fehlt es an Punkten, mit denen man sich als Zuschauer identifizieren kann. Aus diesem Grund fehlt auch die Sympathie gegenüber Diana und Howard. Denn Howards Figur scheint nur ein Platzhalter für jeden beliebigen mitreißenden, etwas verrückten Menschen zu sein. Der Film bietet keine Gelegenheit seine Gefühlswelt besser kennenzulernen und zu verstehen, woher seine plötzliche Veränderung kommt.

Auch Dianas Charakter erlebt so gut wie keine Weiterentwicklung, was sehr schade ist. The Network bietet ihrer Figur mehrmals die Chance einen Schritt nach vorne zu machen, was aber nicht genutzt wird. Man erlebt sie daher als eindimensionale Figur.

Max Schumacher hingegen durchlebt im Film eine spannende Reise der Selbstfindung und ein turbulentes Gefühlschaos. Von einer Entlassung, neuen Verliebtheit bis hin zur Trennung und Erkenntnis. Bei seiner Geschichte fiebert man wirklich mit.

Trotzdem handelt es sich bei The Network um einen absolut sehenswerten Film.

Aufgrund der Storyline und der Dialoge erlebt man den Film als einen verbotenen Blick hinter die Kulissen der Unterhaltungsindustrie.

Die Dialoge, sowie die Monologe der Figuren sind so brillant geschrieben, dass man merkt, jedes Wort wurde absichtlich genau so gewählt. Sie fesseln einen an den Stuhl, vor Angst, dass man einen einzigen genialen Satz verpassen könnte. So gewann The Network einen Oscar für das beste Originaldrehbuch. Auch handwerklich sticht der Film heraus. Durch ein Spiel von Lichtsetzung, Farbgebung und Kameraeinstellungen gewinnt der Film an Dynamik und regt den Zuschauer zum Nachdenken an.

Aber vor allem gibt The Network seinen Zuschauern einen wichtigen Rat mit auf den Weg. Nämlich neben Karriere und Macht auch die wichtigen Dinge im Leben nicht zu vergessen. Er zeigt uns, dass großer Erfolg meistens auch Isolation bedeutet. Und, dass Menschlichkeit, wie Leiden und Freunde zu empfinden, unbezahlbar ist.

verfasst im Sommersemester 2018