Birdman…: eine Rezension von M.S.

Nicht  selten verlieren sich Schauspieler in Drogen und Alkohol und  versuchen auf diese Weise der Realität zu entfliehen. Als ein frühes Beispiel lässt sich Marilyn Monroe  nennen. Scheinbar alles besitzend: Schönheit, Geld und Erfolg starb sie an einer Überdosis. Aber  auch aktuelle Beispiele wie der Tod von Philip Seymour Hoffman oder Robin Williams zeigen, dass das Schauspielbusiness zu Entwicklungen führen kann, die man sich als Außenstehender nicht hätte vorstellen wollen oder können.

Diesem selten in Filmen direkt thematisierten Thema nimmt sich der 2014 erschienene Film „Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)„ von Alejandro González Iñárritu an. Der Film erzählt die Geschichte von Schauspieler Riggan Thomson, gespielt von Michael Keaton, welcher in früheren Jahren erfolgreicher Darsteller des Superhelden Birdman in den gleichnamigen Blockbustern war. Diese Zeiten sind jedoch lange vorbei und Thomson versucht mit Hilfe eines eigens kreierten Theaterprojektes an den Erfolg von früher anzuknüpfen. Eine Parallele in Bezug auf die Schauspielrolle als Superheld ist hier zu Michael Keatons realem Leben zu ziehen. In diesem verkörperte er 1989 und 1992 die Rolle des Batman in „Batman“ und „Batmans Rückkehr“.

Iñárritus Einstiegsszene führt dazu, dass der Zuschauer von Anfang an in den Bann des Filmes gezogen wird.  Riggan Thomson sitzt in Schneidersitz und in der Luft schwebend in seinem Zimmer und auf diese Weise kommt von Beginn an beim Zuschauer die Frage auf, wie und warum dieses überhaupt sein kann. Diese Frage zieht sich  als roter Faden durch den gesamten Film, denn immer wieder kommt es zu Situationen, in denen Riggan Thomson scheinbar in Besitz übernatürlicher Kräfte zu sein scheint und in  direkten Kontakt mit seinem früheren Ich aus den Filmen Birdman ist.

Die Kamerabewegungen sind das prägnanteste Merkmal des Filmes. Für die Kamera verantwortlich zeigt sich Emmanuel Lubezki, welcher mit den Filmen Gravity (2014), Birdman (2015) und The Revenant (2016) drei Jahre hintereinander mit dem Oscar für die beste Kamera ausgezeichnet wurde. Beim Zuschauer kommt das Gefühl auf, dass der Film ohne Schnitt gedreht wurde und erzeugt auf diese Weise das Gefühl,  Riggan Thomson auf Schritt und Tritt verfolgen zu können und Teil seines Lebens zu sein. Selbst in Situationen wie dem Entlanglaufen eines Gangs, wird durch spannungserzeugende Schlagzeug-Musik, welche als Stilmittel im Film immer wieder genutzt wird das Gefühl von Dramatik und Spannung erzeugt.

Durch den fließenden Übergang zwischen Bühnen- und Backstageszenen verschwimmt die Rolle von Riggan als Schauspieler und Privatperson und oft stellt man sich die Frage, ob das was gerade geschieht gespielt oder real ist. Unterstützt wird dieses dadurch, dass das Auftreten auf der Bühne und im Backstagebereich sich sehr ähneln. Hierbei sind die mit starkem Fokus auf Sex liegenden Witze, sowie die Untreue der Akteure in Beziehungen zu nennen. Das Gefühl einer echten Liebe zwischen Mann und Frau kommt dadurch zu keinem Zeitpunkt auf und es wirkt alles in Sachen Liebe willkürlich und austauschbar. Die meiste Zeit werden die Schauspieler von der Kamera umkreist und so gelangen die Schauspieler in den Mittelpunkt. Dieser Effekt wird durch emotionalisierende Nah- und Großaufnahmen der Gesichter noch verstärkt.

Iñárritu gelingt etwas nie dagewesenes. Birdman zieht den Zuschauer von Anfang bis Ende in seinen Bann und zeigt dem Betrachter so nah wie kein anderer Film die Abgründe des Filmgeschäfts auf. Die Kameraarbeit in Kombination mit der schauspielerischen Leistung Michael Keatons sorgen dafür, dass Birdman weit über das Ende des Filmes hinaus im Gedächtnis der Zuschauer bleibt.

 

verfasst im Wintersemester 2017/2018