Der scheidende Nachrichtenmoderator Howard Beale erklärt vor laufenden Kameras, dass er bei seiner nächsten und letzten Sendung Selbstmord begehen wird. Die Einschaltquoten der Nachrichtensendung steigen nach dieser Sensationsankündigung. Auch als sich Beale am folgenden Tage zwar nicht das Leben nimmt, aber ungewohnt authentisch sagt, dass es ihm einfach „beschissen“ geht. Die Zuschauer lieben den veränderten Beale, der vielen aus der Seele zu sprechen scheint. Die junge, skrupellose Programmchefin Diana Christensen sieht in Beale die Möglichkeit den finanziell angeschlagenen Sender zu retten und will Beale als „Zornigen Propheten, der die Verlogenheit unserer Zeit anprangert“ vermarkten. Beale wird in der Folge immer verrückter und die Nachrichtensendung verkommt immer zu einer Zirkusshow mit Hellsehern und Predigten von Beale. Nur der gefeuerte Chef der Nachrichten Max Schumacher ist wirklich um Beale und seine geistige Gesundheit besorgt und will ihm helfen. Doch der Sender und Diana sind nur an den Quoten und den Werbeeinnahmen interessiert. Denn dafür, dass diese Zahlen stimmen, sind sie bereit alles zu tun.
Das US-Kino der 1970er Jahre stand lange im Zeichen der New Hollywood-Bewegung und dem Kampf der Filmstudios gegen rückläufige Besucherzahlen und schwindende Einnahmen.
Die Loslösung vom Production Code, der zuvor die Freiheit der Filmemacher eingeschränkt hatte, führte zur Verfilmung neuer Themen und spürbar mehr Mut bei den Filmstudios. MGM, ein Hollywood-Studio, das zur Hochzeit des US-Kinos nicht gerade für gesellschaftskritisch Werke bekannt war, brachte 1976 mit „Network“ eine beißende Fernsehkultur-Kritik in die Kinos. Die Satire über eine Fernsehanstalt von Regisseur Sidney Lumet, der selber auch Filme fürs Fernsehen drehte, lässt dabei kein gutes Haar am TV-Business. Durch die überzeichneten Charaktere, eine Menge Situationskomik und der schieren Absurdität des dargestellten TV-Wahnsinns gibt es für den Zuschauer dabei sehr viel zu lachen. Nebenbei werden noch viele weitere in den 70er Jahren aktuelle Themen wie die Emanzipation der Frauen, New-Age Religionen, Inflation oder Terrorismus angeschnitten. Der Zorn vieler Amerikaner nach Watergate und Vietnam ist dabei ein zentrales Thema des Films. Beale, auf den ersten Blick ein normaler langweiliger Nachrichtensprecher, wird zum Sprachrohr dieser wütenden Amerikaner. Er glaubt, dass er wegen seiner Präsenz im Fernsehen und der damit verbundenen Macht Leute zu beeinflussen, von einer göttlichen Macht ausgewählt wurde wichtige Botschaften zu verkünden. Die Figur Howard Beale, den wir im Laufe des Films, als Opfer des TV-Business immer mehr dem Wahnsinn verfallen sehen, wird von Peter Finch verkörpert, der es schafft, die Anziehungskraft des verrückten Propheten durch sein Spiel eindrucksvoll darzustellen. Posthum erhielt er für seine Leistung den Oscar als bester Schauspieler. Die kaltblütige Instrumentalisierung Beales, u.a. durch die Programmchefin Diana, lässt den Zuschauer dabei Sympathie und Mitgefühl für ihn empfinden.
Karrierefrau Diana, die wir im ganzen Film als vorwiegend mit negativen Charaktereigenschaften, wie Skrupellosigkeit und übersteigerten Ehrgeiz behaftete Figur kennenlernen, wirkt wie das personifizierte Schreckensbild aller Emanzipationsphobiker. In ihrer Kaltblütigkeit, ist sie für gute Quoten sogar bereit einen Deal mit Terroristen einzugehen. Diana wird als Kind der ersten TV-Generation und als Produkt des TV-Konsums gezeigt. Ihr direkt gegenübergestellt steht die Figur des Max Schumachers. Ein „kantiger Mann mittleren Alters“, der nach seiner, auch von mit von Diana initiierten, Kündigung als Nachrichtenchef eine Midlife-Crisis durchlebt. Er stammt noch aus einer Zeit vor dem Fernsehen und beginnt eine Affäre mit Diana. Anhand dieser Liebesgeschichte wird ein TV-Generationskonflikt thematisiert. Max wird dabei als ein emphatischer und sympathischer Charakter gezeigt, welcher zur Liebe fähig ist, während Diana diese Fähigkeit abgesprochen wird.
Die Kritik am TV in „Network“ ist sehr radikal. Während andere Mediensatiren wie z.B. die Comedy-Serie „30 Rock“ eher parodistischer Natur sind und mit einem liebevollen Augenzwinkern den Fernseh-Zirkus darstellen, gleicht die Kritik in „Network“ eher einer Kreuzigung. Das Fernsehen wird als Personifizierung aller negativen menschlichen Eigenschaften, wie Hass, Zorn und Furcht dargestellt. Und die Macher als skrupelloser, fluchender Haufen die mit ihrem „Nuttensender“ nur Profit erzielen wollen. Kritik mit der Holzhammer-Methode. Wenn beispielsweise Max zu Diana sagt: „Du bist wie das Fernsehen…alles was du anfasst stirbt“ hat auch der letzte im Kinosaal verstanden, dass die Macher des Films keine allzu hohe Meinung vom TV haben. Eine stellenweise etwas differenzierte und subtilere Kritik hätte der starken Botschaft des Films wohl auch keinen Abbruch getan. Neben der humoristischen Ebene macht der Film durchaus auch nachdenklich und regt dazu an die eigene Mediennutzung und das System Medien zu hinterfragen.
Eine der stärksten Szenen des ganzen Films ist zweifelsohne die, in der wir zum ersten Mal die Macht Beales als „Propheten der zornigen Amerikaner“ und seinen Einfluss auf das millionenfache Fernsehpublikum sehen. Nachdem Beale in einer zornigen Tirade in der Sendung jeden seiner Zuseher dazu aufruft das heimische Fenster zu öffnen und es ihm gleichzutun und: „Ihr könnt mich alle am Arsch lecken, ich lass mir das nicht mehr länger gefallen!“ in die Nacht zu schreien, öffnen sich in einem Hochhaus massenhaft Fenster. Begleitet von Donnerschlägen, schreien zornige Amerikaner Beales Satz in den von gelegentlichen Blitzen erleuchteten schwarzen Nachthimmel. Die im Film sonst nur durch Einschaltquoten bezifferte, schwer fassbare Komponente des amerikanischen Fernsehzuschauers und der Zuspruch der Massen für Beale tritt hier das einzige Mal im Film sichtbar in Erscheinung.
Leider baut der Film nach der Hälfte etwas ab und verliert die Figur Howard Beale zunehmend aus dem Fokus. Beale ist nur noch in einer Handvoll Szenen zu sehen. Dadruch distanziert man sich zunehmend vom tragischen Schicksal Beales. Zusätzlich wird der Film im weiteren Verlauf etwas anstrengend, da eine Vielzahl von Themen und Rollen (Schumachers Ehefrau; der allmächtige Firmenchef Jensen) auch noch zu relativ späten Zeitpunkten neu eingeführt werden. Das Thema des Wertverlusts des Dollars und die Angst vor dem Aufkauf US-amerikanischer Unternehmen durch Investoren aus Saudi-Arabien war sicherlich ein aktuelles und brisantes Thema in den 70er Jahren. Die Story des Films bereichert es jedoch leider weniger.
Trotz der aufgeführten Kritikpunkte ist „Network“ aber auch im Jahre 2018 noch sehenswert. Themen wie Qualität von Nachrichten und die Macht von „Demagogen“ durch ihre Präsenz im Fernsehen sind heute immer noch hoch brisant. So dass sich auch ein mehr als 40 Jahre alter Film noch erstaunlich aktuell anfühlen kann.
geschrieben im Sommersemester 2018