Matrix…: ein Text von Dustin Heye

Woher wissen wir, dass unsere Welt wirklich existiert und dass unsere Wahrnehmung uns keine Streiche spielt? Dies sind nur ein paar von vielen Aspekten mit denen sich The Matrix (1999) beschäftigt. Dies ist erst der dritte Film, der unter der Regie der Wachowskis entstanden ist, und war trotzdem bereits film- sowie marketingtechnisch ein wahnsinniger Erfolg: Der Film hat nicht nur vier Academy Awards gewonnen, sondern war die Grundbasis für Comics, Videospiele, Animations-Kurzfilme und zwei Fortsetzungen.

Auch wenn Thomas Anderson nach außen hin ein normales Leben führt, so lebt im Geheimen ein Doppelleben. Einerseits arbeitet er für eine sehr erfolgreiche Computerfirma und lebt ein sehr vorbildliches Leben. Andererseits ist er als Hacker unterwegs, der unter dem Namen Neo agiert und gegen etliche Computergesetze verstoßen hat. Schon sein ganzes Leben lang zweifelt Anderson, ob sein Leben wirklich so real ist, wie er gedacht hat. Auf der Suche nach dieser Antwort erhält er mehrere anonyme Hinweise über die Matrix. Diese Hinweise führen ihn zu einer Person namens Morpheus, welcher angeblich die Antworten für all seine Fragen hat. Morpheus bietet Neo zwei Pillen an: Wenn er die rote Pille nimmt, wird er die Wahrheit über die Matrix erfahren, egal ob diese ihm nun gefällt oder nicht. Wenn er die blaue Pille nimmt, wacht Neo in seinem Zimmer auf und wird sich an nichts mehr erinnern können. Dies ist nur die erste von vielen lebenswichtigen Entscheidungen, die Neo in The Matrix zu treffen hat und die diesen Film zu dem machen, was er ist: Ein Kampf zwischen Schicksal und Selbstbestimmung, der dazu auffordert, die Grenzen der Realität und unserer Wahrnehmung zu hinterfragen und zu überschreiten.

The Matrix überzeugt storytechnisch mit einer Mischung aus klassischer Heldengeschichte und Dystopie, mit einem, im Grundprinzip, recht einfachen Aufbau: Durch die unerwähnten Regeln der Matrix erzeugt der Film erst Verwirrung, dann folgen die Erklärungen dieser Regeln und zum Schluss nutzen die Helden die Regeln der Matrix zu ihrem Vorteil und es kommt zu größeren Action-Szenen. Was den Film so besonders macht, sind die vielen Themen, mit denen sich der Film beschäftigt. Eines dieser Themen ist die Kritik am technologischen Fortschritt, die durch die Verselbstständigung der KI und der daraus entstanden Dystopie im Film verdeutlicht wird. Auch die Welt der Matrix erinnert stark an eine Art weiterentwickeltes Videospiel, das die meisten Menschen als Realität ansehen. Ansonsten beleuchtet der Film Aspekte, wie z. B. die Dialektik zwischen

Realität und Illusion oder Schicksal und freier Wille. Auch visuell und von der Umsetzung her ist der Film gut gealtert. Die Kampfszenen in The Matrix wirken realistisch choreografiert und von der Umsetzung her sehr authentisch. Die Slow-Motion Szenen, auch bekannt als Bullet-Time-effect, sehen visuell sehr ansprechend aus und erzeugen entweder ein Gefühl von Spannung oder helfen die Sichtweise des Charakters besser zu verstehen. Filmszenen, die in der Matrix spielen, haben bei der Produktion einen Grünfilter bekommen, während die Szenen in der echten Welt einen Blaufilter verwenden, was noch mal subtil den Unterschied zwischen diesen Welten verdeutlicht und die Illusion der Matrix untermalt. CGI-Effekte, wie ein zugeklebter Mund, riesige Sprünge oder die Verwandlung der Agenten machen den Eindruck, als sei der Film nicht mehr ganz so aktuell, aber können trotzdem noch gut mithalten. Wobei man sich hier die Frage stellt, ob diese bewusst unecht aussehen oder ob dies gemacht wurde, um den Zuschauer zu verdeutlichen, dass in dieser Welt etwas nicht stimmt, da z. B. CGI-Kreaturen wie die Maschinen, oder die Umgebung der Nebuchadnezzar nach wie vor sehr realistisch wirken. Die Charaktere sind bedauerlicherweise nicht besonders ausgereift: Die meisten Mitglieder der Crew wirken eindimensional und haben jeweils recht wenig Funktionen. Wir erfahren von fast keinem dieser Charaktere irgendwas über ihre Persönlichkeit oder was ihre persönlichen Motive sind. Der interessanteste Charakter ist hier noch Cypher, welcher sich mit der Frage beschäftigt, ob es manchmal besser wäre, nicht die Wahrheit zu kennen, die Augen vor der Realität zu verschließen und in einer Welt voller Lügen zu leben.

Auch die Hauptcharaktere sind von den Persönlichkeiten her recht einfach gehalten. Trinity fungiert auf zwei Weisen: Einerseits ist sie eine harte, draufgängerische und coole Kämpferin, die immer einen Spruch auf den Lippen hat. Andererseits ist sie eine sympathische, fürsorgliche Person, die schon von Anfang an sehr verbunden mit Neo wirkt, sich aber bis zum Schluss nicht traut, ihre Zuneigung zu zeigen. Morpheus ist lediglich der allwissende, weise, optimistische und gleichzeitig starke Anführer, der erklärt, was die Matrix ist und ihn trainiert. Neo selbst macht zwar eine Wandlung vom Sklaven der Maschinen zum Retter der Menschen durch, der akzeptieren muss, dass sein ganzes Leben eine Lüge war und gerade am Anfang noch verloren wirkt. Charakterlich verändert er sich allerdings auch nicht wirklich.

Alles in allem verspricht The Matrix nach wie vor eine sehr interessante und tiefgründige Geschichte, mit gut gealterten visuellen Effekten. Der Film enthält durchaus gelungene, subtile Botschaften, die dem Zuschauer mal mehr und mal weniger ins Auge springen. Der Film spricht in diesem Aspekt ein ziemliches weites Publikum an: Zuschauer, die gerne über philosophische Botschaften nachdenken wollen, werden auf ihre Kosten kommen. Der Rest kann sich auf einen sehr gelungenen Popcorn-Film freuen, der im Grunde seines Herzens allerdings noch viel mehr ist.

verfasst im Sommersemester 2018