Der brasilianische Kinofilm „City of God“ (Originaltitel: Cidade de Deus), dessen Drehbuch sich am gleichnamigen Roman von Paulo Lins orientiert, zeigt die in den 60er bis in die späten 80er- Jahre andauernden Lebensverhältnisse und aufeinanderfolgenden Ereignisse der Armensiedlungen von Rio de Janeiro am Beispiel der „Stadt Gottes“ auf.
In den Sechzigerjahren wachsen in der „Stadt Gottes“ die Jugendlichen Cabeleira, Aicate und Marecco auf. Die drei Gefürchteten der Gangsterbande „Wild Angels“ geben den Ton in der Siedlung an. Immer dabei sind zudem Dadinho, genannt „Löckchen“ und Bené, der kleine Bruder von Cabeleira. Buscapé, der jüngere Bruder von Marecco, sieht den Taten der Bande zu, hält sich jedoch aus den Geschäften seines Bruders heraus.
Löckchen nimmt sich die Älteren als Vorbild und träumt davon, ein gefürchteter und erfolgreicher Bandenführer zu werden. Um Ansehen bei den „Wild Angels“ zu erlangen, stiftet er Cabeleira, Aicate und Marecco zu einem Raubüberfall in einem Stundenhotel an. Obwohl die Idee von ihm stammt und Löckchen es kaum abwarten kann, bei dem Überfall mitzumachen, wird er von den Älteren ausgegrenzt. Er soll Wache stehen, um die „Wild Angels“ durch ein vereinbartes Zeichen vor der Polizei zu warnen. Löckchen, der sich mittlerweile draußen langweilt, erteilt das Zeichen zu früh, sodass die „Wild Angels“ mit kleiner Beute in einem gestohlenen Auto das Gelände ohne ihn verlassen. Löckchen geht zwischenzeitlich in das Hotel zurück und erschießt aus großer Mordlust, schrill lachend, alle sich in den Hotelräumen aufhaltenden Personen.
Der Regisseur Fernando Meirelles lässt den Zuschauer schon zu Anfang des Filmes ahnen, welche schrecklichen Ausgänge die Taten der einzelnen Charaktere mit sich bringen werden und tatsächlich werden die Informationen über einzelne Geschehnisse in Rückblenden nachgereicht. Während die drei Mitglieder der „Wild Angels“ anfangs einen Lastwagen überfallen, wirken sie noch wie eine kindische Bande, die zwar mit echten Waffen umgeht, diese aber nicht benutzt. Auch der Überfall auf das Stundenhotel wirkt noch wie ein amüsanter Diebesstreich. Aber schon kurz darauf lehrt der Film, dass genau auf diese Art und Weise die Eskalation beginnt.
Mithilfe der weiteren filmtechnischen Möglichkeiten, wie z.B. die Handkamera, das schnelle Aufeinanderfolgen von Bildern oder der Zoom auf das Straßentreiben, betont Meirelles das zunehmende Gewaltleben und setzt die authentische Gestaltung des Filmes erfolgreich um. In einer Siedlung, wo Gewalt und Chaos herrscht, wo Waffen und Drogen das Leben der Bewohner bestimmen und die ansteigende Zahl der Toten keine Verwunderung auslöst, weil man kein anderes Leben außer dieses kennt, scheint das Gefühl der Liebe die Situation retten zu können – wie etwa als Cabeilera sich auf dem ersten Blick verliebt oder Bené aus Liebe zu Angelica aus der Bande aussteigen möchte. Aber auch hier schafft Meirelles, durch nicht vorhersehbare Ereignisse, den letzten Funken Hoffnung auf bessere Aussichten zu vernichten.
Der Film, der auf wahre Begebenheiten beruht, spiegelt die Welt der illegal gebauten Armensiedlungen in Rio de Janeiro, die Favelas, wieder. Zwei Millionen Menschen, ein Drittel der Bevölkerung von Rio, leben in den Favelas. Dort herrschen die Regeln und die Kriege der Drogenmafia, die hauptsächlich von Kindersoldaten geführt werden. Im Auftrag für die in Konkurrenz stehender Drogenbosse dealen, foltern oder töten die Kinder täglich und hoffen auf eine Karriere in einem der Drogenbanden. Denn nur wer dazugehört, hat in der Siedlung das Sagen. Skrupel, Gewissen oder Mitleid ist das Letzte, was die Kindersoldaten in den Favelas brauchen, da das Drogengeschäft sonst nicht funktioniert. Der Film nimmt auch Bezug auf diesen Aspekt, als „Locke der Boss“ (Löckchen, der inzwischen gefürchteter Drogenboss geworden ist) zwei kleinen Jungen, die zu einer Kinderbande gehören, in die Füße schießt und einen Dritten der Kinderbande dazu auffordert, einen der Jungen zu erschießen.
Früher oder später werden die meisten der Kindersoldaten Opfer eines gewaltsamen Todes, entweder im Kampf rivalisierender Drogenbanden oder in einem Gefecht mit der Polizei. Die Behörden setzen heute beim Kampf gegen das Verbrechen der Favelas das Schock-Team der Militärpolizei von Rio de Janeiro ein, um den Weg für die Friedenseinheiten frei zu machen, die den Bewohnern der Favelas dauerhaft Sicherheit geben sollen. Der Film zeigt an dieser Stelle, dass einige Polizisten bei den Waffen- und Drogengeschäften mitmachen, indem sie korrupt handeln und die Banden gegeneinander ausliefern. Diese Tatsache bringt auch heute noch viele Nachteile bei der Bekämpfung der Drogenbanden durch die Behörden mit sich, da sich die Militär- und Zivilpolizei oft gegenseitig blockieren.
verfasst im Sommersemester 2018
Für das Hintergrundwissen verwendete Internetquellen (aufgerufen am 20.06.2018): https://www.youtube.com/watch?v=Q9NrC59yPTA
http://www.in-brasilien.de/dokumentation-die-welt-der-favelas/
https://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/schulfernsehen/kindergangster-von-rio104.html