Streitereien auf dem Spielplatz hat wahrscheinlich schon jeder miterlebt. Für die Kinder sind diese meist nach wenigen Stunden vergessen, die Eltern jedoch quälen hinterher oft Gedanken über falsche Erziehung und es folgen teils schwierige Gespräche mit anderen Eltern. Eben dieses Szenario bringt Roman Polanski, basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück von Yasmina Reza, 2011 auf die Leinwand.
Prolog: Zwei Elfjährige bekommen einen Streit. Die Situation eskaliert und einer der Jungen verliert nach einem Schlag mit einem Stock zwei Zähne.
Die Eltern beider Parteien treffen sich zu einem Gespräch, um die Situation verantwortungsvoll und zivilisiert aufzubereiten. Die jeweiligen Streitpunkte sind schnell geklärt. Gerade als Alan (Christoph Waltz) und Nancy Cowen (Kate Winslet), die Eltern des ‚Täters‘, die Wohnung verlassen wollen, werden sie von den Eltern des ‚Opfers‘, Michael (John C. Reilly) und Penelope Longstreet (Jodie Foster), auf einen Kaffee eingeladen. Die Parteien kommen dabei auf den Streit der Söhne zurück und es werden immer energischer neue Punkte besprochen. Schnell überträgt sich der Konflikt der Jungen auf die Erwachsenen.
Es folgen Anschuldigungen, Vorwürfe und eine Beamtenherrschaft, als hätte man die Werte und Normen der Gesellschaft erfunden. Die vermeintlich vernünftigen Eltern verwandeln sich nach und nach in kleine Kinder, die so wirken, als würden sie sich in der Sandkiste gegenseitig mit Sand bewerfen.
Gerade die verschiedenen Charaktere der Protagonisten spitzen diesen Streit zu: Besonders Alan, der als Anwalt für einen Pharmakonzern arbeitet, ist hier die treibende Kraft. Immer wieder fängt er an zu telefonieren und stichelt so die angespannte Situation durch sein zur Schau gestelltes Desinteresse an.
Der eigentliche Streit der beiden Söhne verliert irgendwann komplett an Bedeutung, so dass es beinahe so wirkt, als wären die Eltern nur zum gemeinsam Luft ablassen zusammengekommen sind. So wird schnell deutlich, dass die Protagonisten ganz eigene Probleme mit sich herumschleppen, die wiederum untereinander neue Streitpunkte hervorbringen. Eben diese werden in teils überzeichneten Zuspitzungen passend pointiert und zeigen, wie sinnlos der (ursprüngliche) Konflikt doch ist. Dass das den Protagonisten nicht auffällt, liegt wohl daran, dass sie selbst schon zu wenig reflektierenden Kindern geworden sind, die in ihrem Tunnelblick nur noch Blick für den eigenen Punkt haben. Als dann der Alkohol ins Spiel gebracht wird, wird die Büchse der Pandora geöffnet und der Streit eskaliert in einem Wirrwarr von Diskussionen. Die Ketten des zivilisierten Erwachsenseins sind endgültig gelöst und es wird gezankt und gestritten, als wäre der Single Malt ein Verjüngungstrank gewesen. Hier ist es wieder Alan, der mit seiner zynischen Art gefallen an den ungezügelten Streitigkeiten findet und den Konflikt amüsiert immer weiter zelebriert.
Polanskis bzw. Rezas Gesellschaftssatire ist stellenweise sehr offensichtlich und überrascht den Zuschauer auch nicht wirklich, aber sie zeigt, dass auch die zivilisiertesten Eltern in unsinnige und kindische Zankereien verfallen können. Die Geschichte ist auf, teils bitterschwarze, humoristische Art und Weise dargestellt, was womöglich den zuschauenden Eltern immer wieder ein Lachen ins Gesicht treibt, die Jugendlichen und Kinder aber wohl bibbernd mit der Hoffnung „Bitte lass mich nicht genauso werden“ zurücklässt.
verfasst im Sommersemester 2018