Filmdaten: Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)

USA 2014

(Originaltitel: Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance))

Regie: Alejandro González Iñárritu

Drehbuch: Alejandro González Iñárritu // Nicolás Giacobone // Alexander Dinelaris, Jr. // Armando Bó junior

Produktion: Alejandro González Iñárritu // John Lesher // Arnon Milchan // James W. Skotchdopole

Musik: Antonio Sánchez

Kamera: Emmanuel Lubezki

Schnitt: Douglas Crise, Stephen Mirrione

Besetzung: Michael Keaton: Riggan Thomson/Birdman // Zach Galifianakis: Jake // Edward Norton: Mike Shiner // Andrea Riseborough: Laura // Amy Ryan: Sylvia // Emma Stone: Sam Thomson // Naomi Watts: Lesley // Merritt Wever: Annie // Lindsay Duncan: Tabitha Dickinson // u.a.

Länge: 119 Minuten

FSK: 12

Hier geht’s zum Trailer!

 

Birdman…: eine Kritik von Lisa Heinemann

Quelle: ZIMBIO (URL: http://www.zimbio.com/Beyond+the+Box+Office/articles/XNio6XNj50A/6+Deep+Thoughts+About+Birdman)

Der Film „Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“ hat vier Oscars erhalten und wurde für zahlreiche weitere nominiert. Aber ist ein Oscar auch ein Garant für Qualität?

Der in die Jahre gekommene, als Superheld „Birdman“ bekannt gewordene Schauspieler Riggan Thomson bildet den Mittelpunkt der Handlung. Seit seinem damaligen Erfolg ging es mit seiner Karriere bergab, welche er nun mit einer Broadwayaufführung wiederherstellen möchte. Während ein jüngerer Darsteller an Riggans Ego kratzt und ihn fortwährend herausfordert, wird er gleichzeitig mit seiner zerbrochenen Ehe, der gestörten Beziehung zu seiner Tochter Sam und den Medien konfrontiert.

Schon die erste Szene des Films weist auf seinen ungewöhnlichen Charakter hin: Passend zur Musik erscheinen und verschwinden Buchstaben. Ein Stilmittel, das man nicht mehr besonders häufig sieht. Vermutlich liegt das daran, dass die meisten Filme sich von ihrem Tempo her an den Alltag der Menschen anpassen und daher schlichtweg kein Raum für einen eher langsamen Aufbau wie diesen bleibt.
Besonders auffällig ist, dass die Musik nur aus Schlagzeugklängen besteht. Gleichzeitig ist dieser Aspekt aber auch interessant, weil dieses Musikstück immer wieder auftaucht und eine prägnante musikalische Untermalung darstellt. Es lässt sich zum Beispiel gut die gegenwärtige psychische Verfassung Riggans daran ablesen, da das Schlagzeugspiel wilder wird, wenn dieser aufgeregt ist.

Riggan, der nie so ganz mit seiner Rolle als „Birdman“ abschließen konnte, ist eine schwierige Figur mit einer labilen Psyche. Durch seine Unverblümtheit wirkt er oft unsympathisch und es fällt schwer, mit ihm mitzufiebern. Gleichzeitig wird nachvollziehbar dargestellt, warum er so unter Druck steht, wie zerstörerisch das Milieu rund um Schauspieler ist und welche Komplexe dabei auftreten können. Dieses Bild wird durch die anderen Figuren vervollständigt, die alle ihre eigenen Probleme bewältigen müssen, aber immer Teil von Riggans näherem Umfeld sind.
Zusätzlich wird häufig die Grenze zwischen Realität und Fantasie verwischt, sodass nicht ganz klar ist, ob manche Ereignisse geschehen sind bzw. was stattdessen geschehen sein mag. Diese übernatürlich anmutenden Szenen sind gut in den Film integriert, wodurch trotz des Verfremdungseffekts keine offensichtlichen Fehler im Handlungsverlauf erkennbar sind.

Die Kameraführung ist dynamisch und besticht durch viele Kamerafahrten, doch leider schwenkt sie so oft umher, dass einem beim Zuschauen schwindelig werden könnte. Obwohl die Nahaufnahmen Nähe zu den Figuren erzeugen sollen, funktioniert auch das nicht immer. Einen positiven Eindruck hinterlassen jedoch die wenigen Schnitte, wodurch es wirkt, als wäre der Film ohne Unterbrechung gedreht worden. Dafür benötigen alle Beteiligten großes Talent und Können.

Interessant sind die Parallelen zwischen dem Theaterstück zu dem Buch „What we talk about when we talk about love“ von Raymond Carver, welches Riggan im Film aufführen möchte und bei dem er selbst auch mitspielt, und dem dargestellten Leben der Figur. Liebe und Bewunderung sowie die Angst vor dem Altwerden und Vergessenwerden werden thematisiert. Die große Frage lautet: Wie erlangt ein Mensch Bedeutung?

Man könnte annehmen, dass die Grundstimmung des Films daher als schwer wahrgenommen würde. Jedoch stimmt das nicht. „Birdman“ weiß durchaus zu unterhalten, auch wenn der Humor oftmals auf Sexismus, Nacktheit oder anderen Grenzüberschreitungen beruht. Unterstrichen wird dies mithilfe einer bisweilen deftigen Umgangssprache, die Flüche und Beleidigungen nicht auslässt. Für Kinder ist der Film daher weniger geeignet. Auch Personen, die der Konfrontation mit psychischen Krankheiten oder Suizid aus dem Weg gehen wollen, sollten diesen Film nicht ansehen. Zwar werden Gewalttaten nicht so bildlich dargestellt wie in so manch anderem Unterhaltungsstreifen für Erwachsene, doch die Themen treten auf und das nicht nur nebenbei.

„Birdman“ ist durchaus ein interessanter, sehenswerter Film. Die Auszeichnungen erhielt der Film übrigens in den Kategorien „Bester Film“, „Bestes Originaldrehbuch“, „Beste Kamera“ und „Beste Regie“.

 

geschrieben im Wintersemester 2017/2018

Birdman…: eine Kritik von Niklas Tröschel

Quelle: npr.org (URL: https://www.npr.org/2014/10/21/357637203/ed-norton-on-birdman-wes-anderson-and-why-40-makes-him-proud)

Der Birdman in Dir

Die Regentschaft der Superhelden im internationalen Kino hält weiter an. Von Spider- über Batman bis zu den aktuellen Avengers, Deadpool und Black Panther. Ob dunkle Action-Reihe oder heiteres Gag-Feuerwerk, ein Comic-Überzug scheint Ticketverkäufe zu garantieren und so wird die Kinolandschaft mit diesen Figuren überschwemmt. In „Birdman“ zeigt Regisseur Alejandro González Iñárritu den Versuch des abgehalfterten Ex-Superhelden Riggan Thomson (Michael Keaton), dessen verblasste Anerkennung aus seinen alten Kinohits an einem New Yorker Theater zurückzugewinnen.

Das gestaltet sich jedoch deutlich schwieriger als erwartet. Thomson führt Regie und verkörpert gleichzeitig die Hauptrolle. „Ambitioniert“ nennt das spöttisch sein männlicher Nebendarsteller Mike Shiner (Edward Norton) – ein genialer aber ebenso arrogant und egomanischer Theaterschauspieler, mit dem die Adaption von „What We Talk About When We Talk About Love“ immer wieder schwankt zwischen Meisterwerk und Blamage. Thomson muss sein Haus verpfänden, um Shiners exorbitante Gage zu finanzieren, eine Klage überschattet die ersten Vorstellungen und dazu wird Thomson zum unfreiwilligen Social-Media-Thema. Immer dann wenn sein Projekt endgültig zu scheitern droht, meldet sich eine dunkle Stimme in ihm zu Wort:

„Du hast dir einen Ruf erarbeitet, Buddy, und ein Vermögen. Jetzt ist beides weg. Na und? Fuck it. Sie erwarten noch Großes von uns! Also rasier diesen lächerlichen Ziegenbart ab, lass dich operieren! Du bist das Original, Mann. Gib den Leuten, was sie wollen: guten, alten, knallharten Apokalypseporno, bis die Teenies sich einscheißen. Eine Milliarde Dollar weltweit, garantiert!“

Hört Thomson diese Stimme, erwacht der sonst so abgehalfterte Schauspieler zu neuem Leben. Seine Kräfte als „Birdman“ erwachen, endlich scheint seine Persönlichkeit wieder von Bedeutung…

Iñárritus Werk beeindruckt, weil es auf so vielen Ebenen funktioniert. Die Figuren sind liebevoll gezeichnet. Thomsons Tochter Sam (Emma Stone), gerade aus der Entzugsklinik zurückgekehrt, zieht den Zuschauer in ihren Bann, wenn ihre Frustration über den Egotrip des Vaters herausplatzt. Genauso wie die bissige Kritikerin der New York Times (Lindsay Duncan), die in Allmachtsphantasien schon vor der Vorstellung droht, das Stück zu verreißen, weil sie einen ehemaligen Comic-Superhelden am Broadway-Theater nicht akzeptiert.

Darüber hinaus scheinen viele Biographien der Darsteller mit ihren Figuren verknüpft. Michael Keaton wurde zwischen 1989 und 1992 als Batman bekannt, Edward Norton ist laut Presseberichten in Hollywood als schwieriger Charakter berüchtigt, der sich gerne aus Eigeninitiative am Drehbuch zu schaffen macht. Norton hat ebenso wie Emma Stone eine Vergangenheit in Superhelden-Filmen („The Incredible Hulk“ 2008, „The Amazing Spiderman 2“ 2014).

Auch die technische Umsetzung ist meisterlich. Kameramann Emmanuel Lubezki folgt den Protagonisten durch die verschlungenen Theatergänge von einem Szenario zum nächsten. Die wenigen Schnitte sind dabei so gut versteckt, dass es wirkt, als sei der Film mit einem Take gedreht worden. Das Bild fährt in der Nacht vom Balkon zum Haupteingang des Theaters im Zeitraffer, wo am Morgen die nächste Szene beginnt. Selbst im Detail ist das Bild perfekt. Oft sind Schauspieler in ihren Garderoben zu sehen, die mit Spiegeln vollgepackt sind. Kein einziges Mal ist ein Kameramann oder sein Arbeitsgerät in einer Reflektion zu erkennen.

„Birdman“ liefert ein interessantes Bild über Ur-Ängste, die gerade in den Milieus von Schauspielerei und Medien allgegenwärtig sind. Thomson geht immer weiter in Birdman auf und ist damit zu selbstzerstörerischen Schritten bereit, die von Publikum, Presse und sogar Vertrauten begeistert beklatscht werden. Iñárritu führt nicht nur Hollywood und Broadway die krankhafte Geltungssucht vor. In Zeiten von viralen Videos und der damit verbundenen Kurzzeit-Prominenz kann sich jeder Zuschauer fragen, wie viel Birdman in ihm steckt.

 

verfasst im Wintersemester 2017/2018

Birdman…: eine Rezension von Anastasia Kudinov

Quelle: GRANTLAND (URL: http://grantland.com/features/2014-hollywood-blockbusters-franchises-box-office/)

„Gib Ihnen Action – nicht diesen demprimierenden, philosophischen Scheiß!“ – Birdman

„Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“

Ein Film, der nicht leicht zusammenzufassen ist. Ein Film, der 2015 ganze vier Oscars[1] gewonnen hat, wobei er gegen Filme wie „Whiplash„, „Boyhood“ und „The Theory of Everything„antreten musste. Ein Film, der keine einfache Kost darstellt und vielleicht nicht von jedem Zuschauer gleich als Meisterwerk empfunden wird.
In dem von Alejandro González Iñárritu gedrehtem „Birdman“ geht es primär um den Schauspieler Riggan Thomson (Michael Keaton), der vor Jahren in der Hauptrolle als ‚Birdman‘ einen riesigen Erfolg feierte und nun eine kleine Flaute in seiner Karriere feststellen muss. Am Broadway versucht er sich nun als Regisseur und Hauptdarsteller des Theaterstücks „Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden“, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Raymond Carver aus 1989.

Der Zuschauer begleitet Riggan auf der Suche nach seiner Verwirklichung und erfährt mit was und mit wem er als Regisseur zu kämpfen hat. So erfahren wir durch seine Tochter Sam (Emma Stone) einiges über sein Familienleben, durch einen seiner Protagonisten Mike Shiner (Edward Norton) über die Auseinandersetzung mit seinem Ego und durch seinen Produzenten Jack (Zack Galifianakis) den Druck des Erfolgs, der auf ihm lastet.

Ein Film, der die Bemühungen eines gefallenen Prominenten beschreibt, der nun versucht etwas eigenes auf die Beine zu stellen. So könnte der ein oder andere ein Drama erwarten, das mit einer Hollywood Erfolgsgeschichte endet. Aber „Birdman“ ist keinesfalls ein klassisches Hollywood Erfolgsmärchen. Es handelt sich hierbei auch nicht um eine biographische Darstellung von Michael Keatons Karriere. Zudem ist „Birdman“ kein Superheldenfilm, wie es der Trailer vielleicht implizieren mag. Vielmehr handelt es sich um ein philosophisches Drama, mit viel schwarzem Humor, einem Haufen popkultureller Referenzen und einem hohen Maß an Dekonstruktion der Film- und Theaterbranche in Amerika.

Dass ‚Birdman‘ etwas nach ‚Batman‘ klingt, ist durchaus Absicht. Es ist kein kleines Easteregg am Rande, sondern ein zentrales Element des ganzen Films. So ist es wichtig, dass man bei Google als erstes Trivia über „Birdman“ herausfindet, dass Michael Keaton tatsächlich 1989 und 1992 ‚Batman‘ spielte. Nicht zufällig spielten auch weitere Schauspieler der Besetzung Rollen von Superhelden[2]. Trivia zum Film gibt es zu Hauf. Dabei ist nicht zu unterschätzen, wie viel Unterhaltungswert der Film dadurch außerhalb der zwei Stunden bietet.

Gelungen sind über die Besetzung und die Handlung hinaus, die Koordination von Kamera und Inszinierung. Alejandro González Iñárritu und Emmanuel Lubezki haben beabsichtigt den Film als „One-Shot“ darzustellen (3). Dies ist ihnen durchaus gelungen. Die insgesamt 16 Schnitte fallen nicht auf, wenn man nicht darauf achtet. Verdient hat der Film seine Oscars, sowohl für die inhaltliche als auch technische Darstellung.

Nicht zu übersehen ist zudem die schauspielerische Leistung. Bekannte Namen, bedeuten nicht gleich fähigen Umgang mit diesen. In „Birdman“s Fall bedeutet die Besetzung von bekannten Schauspielern jedoch großartiges Zusammenspiel. Die Charaktere wirken jederzeit real, die Dialogbücher sind unheimlich gut geschrieben und umgesetzt. Sie schaffen es den Zuschauer in die Gedankenwelt der Charaktere zu versetzen und mit ihnen zu fühlen. Zu jedem Zeitpunkt kann der Zuschauer die Emotionen alleine anhand der Mimik der Charaktere mitverfolgen. So lohnt es sich bereits in den ersten Szenen Riggans Blick genau zu verfolgen, um mitzubekommen, wie sich die Szenerie um ihn herum ändert. Jeder Blick, jede Handbewegung wirkt durchdacht. Und trotz der Dialoglastigkeit, und obwohl der Film nur an einem Ort spielt, obwohl er wie ein „One-Shot“ aussieht, wirkt er in jeder Sekunde dynamisch, aktiv und kein bisschen einschläfernd. Dies liegt vor allem daran, dass – ähnlich wie bei Marvel und DC Comics[4]– in einem Bild sehr viel passiert.

Nicht nur die Hauptcharaktere, die von der Kamera fokussiert werden, sind wichtig. Es spielt sich auch viel im Hintergrund ab, auf das der Zuschauer beim erstem Mal vielleicht nicht immer achten kann. Der Wiederanschauungswert ist dadurch sehr hoch. Es lohnt sich tatsächlich den Film öfter zu schauen, um übersehene Details zu bemerken. Durch die hohe Konzentration, die der Film 119 Minuten lang durchgehend erfordert, durch die vielen Hintergrundinformationen und durch die vielen Referenzen, wird „Birdman“ leider bei einigen Zuschauern auf Verwirrung und Ermüdung stoßen. Wie bereits angedeutet verpackt der Trailer den Film anders, als das was der Inhalt tatsächlich bietet. Zwar spricht er somit eine breitere Zielgruppe an, zerrt aber auch Unwissende ins Kino.

Für Interessierte, die sich nicht sicher sind, ob sie „Birdman“ greifen können, empfehlt es sich den Film mit folgenden zwei Fragen im Hinterkopf zu schauen: Wieviele Rollen muss Riggan in dem Film erfüllen? In wie viele Rollen schlüpfe ich als Mensch täglich?

„A thing is a thing, not what is said of that thing.“ – Susan Sontag

 

 

rezensiert im Wintersemester 2017/2018

Fußnoten:

[1] Best Motion Picture of the Year, Best Achievement in Directing, Best Writing/Original Screenplay, Best Achievement in Cinematography

[2] So ist zum Beispiel Emma Stone ‚Gwen Stacy‘ in „The Amazing Spiderman“ und Edward Norton der „Hulk“ aus 2008.
SPOILER: Außerdem spielte Naomi Watts in David Lynchs „Mulholland Drive“ mit, was kein Superhelden Film ist, aber in dem sie eine ähnliche Romanze mit einer Brunette hat, wie bei Birdman.

[3] Der Film sollte für den Zuschauer wirken, als gäbe es keine Schnitte, als wäre er an einem Tag und Ort gedreht worden.

[4] Der Film greift durchgehend die Konkurrenz zwischen den beiden größten Comicvertrieben, aus denen die im Film referenzierten Figuren stammen, auf. Komischerweise werden Marvel Charaktere und Schauspieler immer beim Namen genannt, während ‚Batman‘ immer ‚Birdman‘ bleibt. Zudem impliziert der Film eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kommerz dieser Studios.

Quellen:

http://variety.com/video/the-seamless-look-of-birdman/ (Steve Scott)
https://www.youtube.com/watch?v=PVmaJAmQ3yQ (Director Alejandro G. Iñárritu)
http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Film/Birdman
https://de.wikipedia.org/wiki/Raymond_Carver
http://www.imdb.com/title/tt0096895/?ref_=fn_al_tt_1
http://www.imdb.com/title/tt0103776/?ref_=tt_rec_tt

Birdman…: eine Kritik von Flora Deskaj

Quelle: 1,2,3 WTF!? (WATCH THE FILM) (URL: https://123wtf.me/2015/03/15/wtf-birdman-or-the-unexpected-virtue-of-ignorance-2014/)

Der Schauspieler Riggan Thomson (Michael Keaton), der einst den Comic-Helden Birdman sehr erfolgreich gespielt hat, nimmt im gleichnamigen Film Birdman oder  (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit) eine zentrale Rolle ein. Allerdings scheint der Zenit seiner Karriere vorbei zu sein und so versucht Riggan Thomson als Regisseur am Broadway Fuß zu fassen.

Kurz vor Beginn der Bühnenvorstellungen, entfällt unerwartet eine wichtige Nebenrolle. Diese wird durch den exzentrischen Schauspieler Mike Shiner (Edward Norton) besetzt, allerdings ist er durch seine bisherigen Erfolge am Broadway sehr abgehoben. So kommt es immer wieder zu Reibereien zwischen Riggan Thomson und Mike Shiner. Doch nicht nur die Relation zu ihm ist angespannt, sondern auch die zu seiner Tochter Sam (Emma Stone), die als Assistentin angestellt ist, erscheint mehr als problematisch. Riggan Thomson gerät durch mehrere Umstände in Bekanntheit und gleichzeitig steigert er sich in den Wahnsinn, in welchem ihn die Vergangenheit einholt.

„Keine Zeit zu quatschen. Ich hab’s eilig.“

An vielen Stellen hatte es der Film gar nicht eilig, sondern war an Längen kaum zu übertreffen. Es werden viel zu viele Details gezeigt, die meiner Meinung nach nicht zur Handlung beisteuern, sondern sehr langatmig für den Zuschauer wirken. Besonders das Hin und Her zwischen seiner Zerrissenheit seiner ehemals erfolgreichen Vergangenheit stiftet Verwirrung auf.

Positiv aufgefallen ist hingegen die Kameraführung durch Emmanuel Lubezki. Die sich ständige in Bewegungen befindende Kamera suggeriert dem Zuschauer, als wäre die gesamte Handlung ohne Schnitt durchgeführt worden. Lediglich der Beginn und das Ende weisen klassische Schnitte auf. So entsteht der Eindruck, dass der Film in dieser einzigen Einstellung gedreht worden sei.

Für mein Empfinden macht die gelungene Kameradarstellung die Langatmigkeit der Handlung trotzdem nicht wett.

 

geschrieben im Wintersemester 2017/2018

Birdman…: eine Kritik von Anna-K. Kuwertz

Quelle: 1,2,3 WTF!? (WATCH THE FILM) (URL: https://123wtf.me/2015/03/15/wtf-birdman-or-the-unexpected-virtue-of-ignorance-2014/)

 „Die Leute wissen nicht, wozu Du imstande bist!“ 

Nur in Unterhose schwebt Riggan Thomson (Michael Keaton) im Schneidersitz in der Luft und meditiert. Man hört eine Stimme: „Wie sind wir nur hier gelandet? Riecht nach Klöten! Wir gehören nicht in dieses Drecksloch!“. Der Film beginnt bereits seltsam. Was wird das jetzt, fragt man sich. Riggan Thompson versus Birdman. Oder doch nicht? Am Ende bleibt jedenfalls offen: Fakt oder Fiktion?

Birdman: „Du bist jämmerlich, Riggan! Dieses Mal hast du es echt verkackt!“

Thomson: „Ich bin Du, Arschloch!“

B.: „Fick Dich!“

T.: „Nein, fick DICH!“

B.: „Du bist ein Blender.“

T.: „Es gibt kein Wir!“

B.: „Es bleibt immer beim Wir, Bruder.“

Michael Keaton als fast in Vergessenheit geratener, Ex-Film-Superheld ‚Birdman‘, der versucht, mit einem Stück (Raymond Carver, What We Talk About When We Talk About Love) am Broadway Fuß zu fassen, bzw. sich selbst zu beweisen, dass er noch immer geliebt wird. Keaton als Ex-Film-Superheld, passt ja. 1989 und 1992 schlüpfte er in die Rolle des Batman, unter der Regie von Tim Burton. Die Rolle des ,Birdman‘ verkörpert er brilliant. Auch Fans von Edward Norton (Fight Club), der den erfolgreichen, aber arroganten, leicht exzentrischen Schauspieler Mike Shiner spielt, können sich freuen. Er überzeugt in seiner Rolle auf ganzer Linie.

Der Humor ist schwarz, die Sprache dementsprechend derbe, anzüglich und sexuell. Die Kameraführung ist gut gemacht. Zeit scheint hier keine Rolle zu spielen, die Szenen, Tag, Nacht, Minuten und Stunden, verschmelzen miteinander und erscheinen flüssig ineinander über zu gehen (Plansequenzen).

Birdman ist ein abgedrehter, sich ewig hinziehender Film. Und doch: sehenswert! Zugegeben, nichts für einen romantischen Abend auf der Couch, eher etwas für Hobby-Psychologen und Liebhaber skurriler Filme.

 

 

geschrieben im Wintersemester 2017/2018

Birdman…: eine Kritik von Eda Engin

Quelle: MOVPINS.COM (URL: http://www.movpins.com/dHQyNTYyMjMy/birdman-(2014)/still-260818176)

„Okay, worum geht’s nun in diesem Film?“,

fragte mich meine Freundin, nachdem sie den Trailer gesehen hatte. Inzwischen hatte ich den Film mehrfach geschaut, dennoch brachte mich diese Frage ins Stutzen. Während ich noch am Überlegen war, schob sie schon ihre nächste Frage hinterher:

„Ist das ein Fantasyfilm? Ich hasse Fantasy.“
„Nein! Also. Hmm. Es ist kein Fantasyfilm, aber es hat fantastische Elemente!“
„Aha“,

bekam ich bloß als Antwort von meiner unbeeindruckten Freundin.
Wer hätte gedacht, dass sich das so schwierig gestalten würde?

Wovon handelt also Birdman?
Birdman handelt von dem in die Jahre gekommenen Schauspieler Riggan Thomson (Michael Keaton), dessen Karriere nach einem erfolgreichen Film-Franchise ins Stocken geriet. Bis heute ist er weltweit bekannt für seine Darstellung des Superhelden Birdman, sowie für die Eskapaden seines Privatlebens. In seinen Augen ist die einzige Möglichkeit seine Karriere wiederzubeleben, und somit die Beliebtheit der Massen wiederzugewinnen, ein Broadway Theaterstück.
Der Film zeigt die wenigen Tage während der Proben und der Premiere dieses Stücks. Als Autor, Regisseur und Hauptrolle seiner Adaption der Kurzgeschichte „What We Talk About When We Talk About Love“ von Raymond Carver möchte er jedoch auch endlich etwas Bedeutendes in die Welt setzen. Aber kurz vor der Premiere folgt ein Problem auf das Nächste…

Was macht diesen Film denn jetzt so besonders?
Zum einen natürlich das spektakuläre Bild, das den Zuschauer von der ersten Sekunde an fesselt und bezaubert. Dann ist da natürlich die Besonderheit, die einen nach wenigen Minuten auffällt: Es wirkt, als wäre fast der ganze Film an einem Stück gefilmt worden. Das stimmt natürlich nicht, tatsächlich nutzte der Regisseur Alejandro González Iñárritu für Birdman sogenannte Plansequenzen und versteckte die Schnitte zwischen diesen Szenen durch besondere Filmtechniken und bei der Nachbearbeitung, sodass im fertigen Film nur noch 16 Schnitte verbleiben, die einem wirklich auffallen. Diese Technik ist nicht nur ästhetisch ansprechend und beindruckend, sondern zieht den Zuschauer mit ins Geschehen und gibt der Handlung eine besondere Bewegung und Aufregung, die sonst möglicherweise nicht so gut rübergebracht werden könnte.

Aber das, was mir an diesem Film am meisten Spaß macht, sind die parodistische Anteile, die man vor allem dann erkennt, wenn man sich mit der Trivia auskennt.
Zum einen ist da die Rolle des Riggan Thomson, der in den Neunzigern den Comicbuchhelden Birdman gespielt hat. Dieser wird dargestellt von Michael Keaton, der ebenfalls in den Neunzigern den Comicbuchhelden Batman in den Filmen Batman (1989) und Batman Returns (1992) gespielt hat. Dass es sich hierbei um keinen Zufall handelt, zeigt auch die optische Ähnlichkeit zwischen Birdman und Batman. Michael Keaton spielt hier also tatsächlich die Rolle seines Lebens und das so grandios, dass er dafür für einen Oscar nominiert wurde.

Übrigens stellt nicht nur Keatons Rolle eine Parodie seiner vergangenen Karriere dar. Der von Edward Norton dargestellte Mike Shiner kann auch als Parodie auf Nortons schlechten Ruf als anstrengenden Schauspielerkollegen aufgenommen werden. (1)

Lustig ist auch, dass in diesem Film über einen ehemaligen Superheldendarsteller fast alle Hauptdarsteller selber in den vergangenen Jahren in solchen Comicbuchadaptionen zu sehen waren. Edward Norton spielte in Der unglaubliche Hulk (2008), Emma Stone in The Amazing Spider-Man (2012) und Naomi Watts in Tank Girl (1995). (2)

Also sollte man sich Birdman ansehen?
Auf jeden Fall, wenn man jemand ist, der sich auf eine selbstreferenzielle Hollywood-Satire einlassen und solch ein technisches Meisterwerk genießen kann. Wenn man jedoch auf einen Film voller Action und bunter Effekte hofft, so ist man hier an der falschen Adresse. Daher ist Birdman auch kein Fanatsyfilm: Realer könnte das Dargestellte nämlich gar nicht sein.

geschrieben im Wintersemester 2017/2018

Fußnoten:
1 http://www.imdb.com/title/tt2562232/trivia?item=tr2278989
2 http://www.imdb.com/title/tt2562232/trivia?item=tr2230298

Birdman…: eine Rezension von M.S.

Quelle: ign.com (URL: http://www.ign.com/boards/threads/wow-the-movie-birdman-really-sucks.454544594/)

Nicht  selten verlieren sich Schauspieler in Drogen und Alkohol und  versuchen auf diese Weise der Realität zu entfliehen. Als ein frühes Beispiel lässt sich Marilyn Monroe  nennen. Scheinbar alles besitzend: Schönheit, Geld und Erfolg starb sie an einer Überdosis. Aber  auch aktuelle Beispiele wie der Tod von Philip Seymour Hoffman oder Robin Williams zeigen, dass das Schauspielbusiness zu Entwicklungen führen kann, die man sich als Außenstehender nicht hätte vorstellen wollen oder können.

Diesem selten in Filmen direkt thematisierten Thema nimmt sich der 2014 erschienene Film „Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)„ von Alejandro González Iñárritu an. Der Film erzählt die Geschichte von Schauspieler Riggan Thomson, gespielt von Michael Keaton, welcher in früheren Jahren erfolgreicher Darsteller des Superhelden Birdman in den gleichnamigen Blockbustern war. Diese Zeiten sind jedoch lange vorbei und Thomson versucht mit Hilfe eines eigens kreierten Theaterprojektes an den Erfolg von früher anzuknüpfen. Eine Parallele in Bezug auf die Schauspielrolle als Superheld ist hier zu Michael Keatons realem Leben zu ziehen. In diesem verkörperte er 1989 und 1992 die Rolle des Batman in „Batman“ und „Batmans Rückkehr“.

Iñárritus Einstiegsszene führt dazu, dass der Zuschauer von Anfang an in den Bann des Filmes gezogen wird.  Riggan Thomson sitzt in Schneidersitz und in der Luft schwebend in seinem Zimmer und auf diese Weise kommt von Beginn an beim Zuschauer die Frage auf, wie und warum dieses überhaupt sein kann. Diese Frage zieht sich  als roter Faden durch den gesamten Film, denn immer wieder kommt es zu Situationen, in denen Riggan Thomson scheinbar in Besitz übernatürlicher Kräfte zu sein scheint und in  direkten Kontakt mit seinem früheren Ich aus den Filmen Birdman ist.

Die Kamerabewegungen sind das prägnanteste Merkmal des Filmes. Für die Kamera verantwortlich zeigt sich Emmanuel Lubezki, welcher mit den Filmen Gravity (2014), Birdman (2015) und The Revenant (2016) drei Jahre hintereinander mit dem Oscar für die beste Kamera ausgezeichnet wurde. Beim Zuschauer kommt das Gefühl auf, dass der Film ohne Schnitt gedreht wurde und erzeugt auf diese Weise das Gefühl,  Riggan Thomson auf Schritt und Tritt verfolgen zu können und Teil seines Lebens zu sein. Selbst in Situationen wie dem Entlanglaufen eines Gangs, wird durch spannungserzeugende Schlagzeug-Musik, welche als Stilmittel im Film immer wieder genutzt wird das Gefühl von Dramatik und Spannung erzeugt.

Durch den fließenden Übergang zwischen Bühnen- und Backstageszenen verschwimmt die Rolle von Riggan als Schauspieler und Privatperson und oft stellt man sich die Frage, ob das was gerade geschieht gespielt oder real ist. Unterstützt wird dieses dadurch, dass das Auftreten auf der Bühne und im Backstagebereich sich sehr ähneln. Hierbei sind die mit starkem Fokus auf Sex liegenden Witze, sowie die Untreue der Akteure in Beziehungen zu nennen. Das Gefühl einer echten Liebe zwischen Mann und Frau kommt dadurch zu keinem Zeitpunkt auf und es wirkt alles in Sachen Liebe willkürlich und austauschbar. Die meiste Zeit werden die Schauspieler von der Kamera umkreist und so gelangen die Schauspieler in den Mittelpunkt. Dieser Effekt wird durch emotionalisierende Nah- und Großaufnahmen der Gesichter noch verstärkt.

Iñárritu gelingt etwas nie dagewesenes. Birdman zieht den Zuschauer von Anfang bis Ende in seinen Bann und zeigt dem Betrachter so nah wie kein anderer Film die Abgründe des Filmgeschäfts auf. Die Kameraarbeit in Kombination mit der schauspielerischen Leistung Michael Keatons sorgen dafür, dass Birdman weit über das Ende des Filmes hinaus im Gedächtnis der Zuschauer bleibt.

 

verfasst im Wintersemester 2017/2018