Filmdaten: M – Eine Stadt sucht einen Mörder

Quelle: Northern Arizona University (URL: https://events.nau.edu/event/cal-film-series-m/)

Deutschland 1931

Regie: Fritz Lang

Drehbuch: Thea von Harbou, Fritz Lang, Paul Falkenberg, Egon Jacobson, Adolf Jansen, Karl Vash

Produktion: Nero-Film AG, Berlin

Kamera: Fritz Arno Wagner

Musik: Edvard Grieg (Suite 1 Op.46 aus „Peer Gynt2. 2In der Halle des Bergkönigs“)

Schnitt: Paul Falkenberg

Darsteller: Peter Lorre: Hans Beckert // Gustaf Gründgens: Schränker // Ellen Widmann: Frau Beckmann, Inge Landgut: Elsie // Beckmann Otto Wernicke: Kommissar Karl Lohmann // Franz Stein: Minister // Theodor Loos: Polizeichef Gröber // Theo Lingen: Bauernfänger // Georg John: der blinde Bettler // Hertha von Walther: Prostituierte //  u.a.

Bildformat: PAL 4:3 s/w

Länge: 106/108 Minuten, 117 (original)

FSK:  12

Hier geht’s zum Trailer!

 

M…: eine Kritik von Rebecca Preuß

Quelle: DVD-Forum (URL: http://www.dvd-forum.at/filmkritik/33710-m-eine-stadt-sucht-einen-m-rder)

Bei M – Eine Stadt sucht einen Mörder handelt es sich um einen der ersten deutschen Tonfilme, bei dem dennoch besonderen Wert auf Stille gelegt wurde; denn der Film kommt komplett ohne Filmmusik aus und ruft damit Erinnerungen an den damalig dominierenden Stummfilm wach. Der Einsatz des Tones wurde konkret akzentuiert eingesetzt. Allein das Pfeifen des psychopathischen Mörders versetzt den Zuschauer in Angst und Schrecken. Dieses Symbol des Mörders steht, neben dem Zeichen des Kreideabdrucks M, bis heute präsent für den ganzen Film.

Eine Gruppe von Kindern spielt im Hof, während Frauen mit ihren alltäglichen Hausarbeiten beschäftigt sind. Jeder geht seiner Arbeit nach. Die Straßen sind belebt, als das Schellen der Grundschule zum Schulschluss erklingt. Alles wie immer. Doch dann passiert es. Eines der Schulkinder, Elsie Beckmann (Inge Landgut) kehrt nicht nach Hause zurück und wird zu einem späteren Zeitpunkt ermordet aufgefunden. Nur Fahndungsplakate und die Presse der Stadt verraten, dass es nicht das erste Mal sein kann, dass ein Kind ermordet aufgefunden wird. Bisherige Bemühungen der Polizei bleiben seit acht Monaten erfolglos. Es muss sich um einen Serienmörder handeln. Der Teufel höchstpersönlich. Er ist unter uns und jeder kann es sein. Doch die Spur bleibt aus und das Morden geht weiter. „Wer ist der Mörder? Wie sieht er aus? Wo verbirgt er sich? Niemand kennt ihn und doch ist er mitten unter uns“, schreibt die Tageszeitung einen Tag nach dem Tod des Kindes. Wechselseitige Anschuldigungen wachsen. Selbst Männer oder Frauen, die einem täglich gegenübersitzen, könnten nun der Mörder sein. Der Gedanke versetzt die ganze Großstadt in einen Ausnahmezustand. Die Hysterie ergreift jeden, ob Stadtbewohner, Polizist oder Verbrecher der Unterwelt. Jeder ist hinter dem Mörder her. Bleibt die Frage, wer, fängt ihn zuerst und welche Rolle spielt dabei die Bettlerorganisation der Stadt? Die Katz-und-Maus-Jagd innerhalb der Stadt kann beginnen.

M – Eine Stadt sucht einen Mörder wurde am 11. Mai 1931 in Deutschland unter dem Titel „Mörder unter uns“ uraufgeführt. Gedreht wurde im Studio Zeppelinhalle Staaken, in der eine glaubhaft konstruierte Stadt entstand. Handlungsort ist Berlin, darauf weisen zumindest Requisiten des Filmes (Stadtepläne, Strassenwerbung und Tageszeitungen) hin. Für Kamera war Fritz Arno Wagner und für den Schnitt Paul Falkenberg tätig. Die aufreibende Suche nach dem Mörder erstreckte sich damals über 117 Minuten Filmmaterial. Drei Jahre später wurde er von den Nazis verboten. Teile der Originalfassung sind bis heute verschollen. Übrig blieben 3⁄4 des Filmes. Nach Restaurationen im Jahr 2011 konnte der Film auf 111 Minuten gebracht werden.

Das Filmteam unter Regie von Fritz Lang (Metropolis 1927) beeinflusst durch präzise Licht- und Tongestaltung, sowie Filmschnitt die Aussage und Stimmung des Filmes. Erzählform und Handlung ordnen sich in die Filmgenre Krimi und Drama ein. Die Tragik des verlorenen Kindes, vor allem der Mütter und der Schlussmonolog des Mörders sorgen für dramatische Gänsehautmomente. Ergänzend dazu sorgt die parallele Suche von Polizei und Verbrechern nach dem Mörder für reichlich Spannung.

Die Szenen der detaillierten und fortschrittlichen Polizeiarbeit ermöglichen dem Betrachter einen tiefen Einblick in die Fahndungsmethoden der Weimarer Republik. Auch Kulisse und Kostüme wirken mehr als authentisch. Die Bedeutung der Zahlmethoden jener Zeit, Zigaretten und Zigarren in jeglicher Art und Form, erlauben eine Retroperspektive.

Im Kontrast dazu tauchen hier und da humorvolle Szenen auf, die vor allem durch Rangeleien und Anschuldigungen innerhalb der Bevölkerung, beziehungsweise in erster Linie zwischen Verbrechern und Polizei geprägt sind. Die andauernden Razzien der Polizei in Klubs und Bars der Unterwelt und damit die Störung ihrer Geschäfte, sowie der Vergleich mit dem Mörder schmecken den Verbrechern so gar nicht und so beschließen sie kurzerhand den Mörder selbst zu fassen. Das sorgt für ordentlichen Trubel. Der Einbrecher Franz (Friedrich Gnaß) entfaltet hierbei sein komödiantisches Wesen. Dabei lebt er frei nach Berliner Schnauze, die in Kombination seiner urkomischen Gesichtsmimik einfach urkomisch erscheinen.

Besonders bewundernswert sind, unter Berücksichtigung damaliger Verhältnisse, die filmtechnischen Aspekte.

Am Set wurde mit der Technik des low-key-lighting gearbeitet. Dadurch wurde dem Film einen gewissen Film-noir-Charme verliehen. Dafür sprechen Licht-Dunkel-Effekte, hohe Kontraste, Schwarz-Weiß-Effekte und Gegenlicht. Auffällig sind Schatten, die durch starke Beleuchtung entstehen. Licht beziehungsweise Schatten spielt im Film eine wichtige Rolle und garantiert Spannung und Unbehagen. Hauptsächlich sind harte Schatten im Gesicht des Mörders und Schränkers wiederzufinden. Dadurch wirkt ihr Wesen einerseits schwer einschätzbar und andererseits bösartig und heimtückisch. Die Dunkelheit des Bildes verstärkt darüber hinaus den Eindruck einer angespannten, aggressiven und kalten Grundstimmung innerhalb der Bevölkerung, die einen klaren und eindeutigen Mörder verlangen. Besonders im Gedächtnis bleibt die Szene, die relativ früh am Anfang des Filmes gezeigt wird, als sich der tiefschwarze Schatten des Mörders, der schon gedanklich dabei ist, sein nächstes Opfer anzusprechen, über sein eigenes Fahndungsplakat beugt. „Du hast aber einen schönen Ball. Wie heißt du denn?“ Allein der Schatten sorgt dafür, dass einem der Schauer über den Rücken läuft.

Die teils ungewöhnlichen Kameraperspektiven sorgen für einen Wiedererkennungswert. Der Blick des Zuschauers fällt von Dächern in Hinterhöfe und Gassen hinab, welche verschiedene Handlungsorte erahnen lassen; taucht unter Tischen hervor, um das mächtige und bedeutende Ego des Kriminalpolizisten Lohmann aufzudecken oder huscht zwischen Büschen hindurch, um den exakten Weg des Mörders mitzuverfolgen. Der Tod des Mädchens Elsie Beckmann wird in aussagekräftigen Bildschnitten von verlassenen Orten verdeutlicht: das verlassene Treppenhaus, der leerstehende Dachboden und der gedeckte ungenutzte Platz des Kindes am Küchentisch. Als Höhepunkt werden zwei Schnitte gesetzt, um den verloren-rollenden Ball des Kindes und den vom Wind vertriebenen Luftballon zu zeigen, den ihr der Mörder zuvor gekauft hatte.

Auch die Schnitte der Parallelmontage zwischen Verbrechern und Polizisten wurden geschickt gesetzt. Alle sitzen sie nachdenklich qualmend in ihren Quartieren beisammen und überlegen, wie sie den Mörder am schnellsten zu fassen bekommen. Der zunehmend stärker werdende Rauch symbolisiert die verzwickte Lage, auch in den Köpfen der Beteiligten. Der Schränker (Gustaf Gründgens), der Kopf der Verbrecherbande, äußert sich gekränkt über die Vorkommnisse der letzten Tage. Ihm passt es gar nicht, dass die Polizei seine Geschäfte durch Kontrollen behindern. Mit einer ausschwenkenden Handbewegung bittet er seine Gefolgsleute um ihre Meinung. Hier setzt der Schnitt ein. Gezeigt wird nun die Gegenseite, die Versammlung von Polizeibeamten. Kriminalkommissar Groeber (Theodor Loos) beendet die Handbewegung, setzt sich und bittet seinen Kreis um ihren Standpunkt. Für diesen Schnitt wurde die Technik des Match Cut verwendet.

Anhand dieser Szene zeigt sich noch eine andere neuartige Filmtechnik: die Technik des vorgezogenen Wechsels der Tonspur (Akustische Klammer). In der zuvor beschriebenen Szene zeigt sich eine Tonüberlappung, indem der Satz vom Schränker halb angefangen („Meine Herren, unsere Mitglieder müssen wieder in Ruhe ihren Geschäften nachgehen können, ohne durch die überhand nehmende Nervosität der Kriminalpolizei andauernd gestört zu werden. Ich bitte…“) und in der anderen Szene vom
Kriminalkommissar weiter gesprochen wird („…sich dazu zu äußern, meine Herren…“).

Eine klassische akustische Klammer wird auch direkt zu Anfang präsentiert. Der Film wird mit einem schwarzen Bild und ohne Ton eingeleitet. Das Bild bleibt schwarz, doch plötzlich ertönt die Singstimme eines jungen Mädchens. „Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt der schwarze Mann zu dir – mit dem kleinen Hackebeilchen – macht er Schabefleisch – aus dir. – Du bist raus!“ Während des Liedes wird das Bild geschnitten und eine im kreisstehende Gruppe von Kindern erscheint auf der Bildfläche.

Auch das Pfeifen des Mörders sorgt für einen hochgradigen Wiedererkennungswert des Filmes und dient als audiovisuelles Mittel, um wiederkehrende Bedrohungen anzukündigen. Bei dem Pfeifen handelt es sich um das Orchesterstück „In der Halle des Bergkönigs“ aus Griegs Peer-Gynt-Suit Nr. 1.

Folgendes Requisit besitzt eine tiefgreifende Bedeutung für den Film. Es ist der Spiegel. Während in einer Szene das Wesen des Mörders beschrieben wird, wird mithilfe eines Schnittes in der anderen Szene der Mörder höchstpersönlich, sich prüfend vor dem eigenen Zimmerspiegel gezeigt. Es ist das erste Mal, dass man das Gesicht des Mörders im Film überhaupt zu sehen bekommt. Der Betrachter ist somit allen Suchenden einen Schritt voraus. Doch was die Szene so bedeutend macht, ist nicht seine Erscheinung als solches, sondern sein Blick, dieser im Wahn befindende, völlig realitätsferne Blick. An dieser Stelle gewährt der Film einen Einblick in die Psyche des Mörders.

Der Bezug zu realen Gewaltverbrechen in Deutschland, vor allem zum Fall des Serienmörders Peter Kürten, auch bekannt als Vampir von Düsseldorf, sowie die akribischen Nachforschungen Langs und der zweiten Drehbuchautorin von Harbou bezüglich der Psychologie der Figuren im Drehbuch, lassen den Film besonders realitätsnah wirken.

Diese Authentizität spiegelt sich vor allem in der Figur des Mörders, die durch Peter Lorre verkörpert wird, wieder. Lorre verleiht der Rolle eine intensive Glaubwürdigkeit, die absolut packend und zugleich berührend ist. Sein schauspielerisches Talent sticht besonders dann hervor, wenn er dem Zuschauer die kranken Impulse des Mörders mit unfassbar ausdrucksstarker Mimik offenbart. Vorrangig der Schlussmonolog des Mörders zeigt, wie tief Lorre in seiner Rolle steckt. Wie wird die Situation für ihn enden?

Den Film M – Eine Stadt sucht einen Mörder sollte man unbedingt gesehen haben. Die besonderen Qualitäten überzeugen durch eine damals neuartige Filmtechnik, sowie schauspielerischer Höchstleistungen, primär von Peter Lorre als psychopathischen neurotischen Mörder, die uns die Kategorien von Gut und Böse verwerfen lassen. Besonders das Pfeifen des Mörders bleibt in den Köpfen der Zuschauer haften. Der Film wirft einen Blick zurück auf das unruhige Leben der Großstadt der Weimarer Republik und spielt mit gesellschaftlichen Moralvorstellungen. Aus diesen Gründen ist der Film zurecht als Meilenstein in der Filmgeschichte zu bezeichnen. Die Hintergründe und Stilmittel des Filmes sind vor allen für Filminteressierte leicht zu erkennen und lassen sich Szene für Szene analysieren. M ist einer dieser Filme, die man nicht so leicht vergisst.

 

verfasst im Wintersemester 2017/2018

M…: eine Kritik von Christopher Wübbeling

Quelle: moviebreak.de (URL: http://www.moviebreak.de/film/m-eine-stadt-sucht-einen-morder)

Inhaltsangabe:
Ein unbekannter Schrecken versetzt nahezu das komplette Berlin zu Zeiten der Weimarer Republik in einen kollektiven Angstzustand. Ein Kindermörder geht um und niemand vermag es ihn zu ergreifen. Selbst die Polizei ist trotz einem großem Aufgebotes, Spürhunden und der allerneuesten Spurensicherungstechnik scheinbar machtlos den Mörder aufzuspüren.
Unterdessen versinkt die Bevölkerung in Paranoia, wahllos beschuldigen sie sich gegenseitig der Mörder zu sein, mit jedem gefundenen toten Kind nimmt die Unruhe und der Missmut gegenüber der offensichtlich versagenden Polizei zu.
Doch dies ist nicht das einzige Problem von Kommissar Lohrmann, durch die steigende Anzahl an Razzien und der Ausweitung des Suchgebietes auf Spielunken und ähnliche Etablissements ziehen sie die Aufmerksamkeit der kriminellen Ringorganisationen auf sich, die führenden Gruppen der Berliner Unterwelt. Auch werden sie mit dem Mörder verbunden, was sie zutiefst ärgert. Unter
ihrem Anführer, dem sogenannten „Schränker“ entschließen sie sich selbst die Suche nach dem Mörder aufzunehmen.
So beginnt eine gnadenlose Hetzjagd auf den Mörder, in welcher selbst die Grenzen zwischen Gerechtigkeit und Wahnsinn zu verschwimmen scheinen…

Kritik:
Der Film „M“ nimmt einen besonderen Platz in der deutschen Filmgeschichte ein, da er selbst einer der ersten Tonfilme in Deutschland war und somit einen der Vorreiter in diesem weiterentwickeltem Medium darstellt. Doch trotz dieser damals gar revolutionären neuen Technik wird man Musik in diesem Film kaum finden, da sie bis auf eine gepfiffene Version von Edvard Griegs „In der Halle des Bergkönigs“, welches als Identifikationsmerkmal des Mörders benutzt wird, komplett
weggelassen wurde und ganze Szenen teilweise regelrecht stumm sind. Dies verleiht dem Pfeifen eine noch größere Bedeutung, da sie somit eine einzigartige Stellung im Film einnimmt.

Auch die bildliche Sprache ist durchaus beeindruckend, so benutzt Lang unmittelbar am Anfang des Filmes eine andeutungslastige Bildsprache, die auf klare Szenen verzichtet und stattdessen mit dem Publikum spielt. So wird der erste Mord nicht explizit gezeigt sondern nur durch kurze Szenen angedeutet, das Publikum muss sie zusammensetzen. Am Anfang spielt ein Mädchen mit einem Ball in der Nähe einer Litfaßsäule an der ein Fahndungsplakat hängt, anschließend hört man das Lied des Mörders pfeifen und ein Mann kauft dem Kind ein Luftballon nur um danach zu zeigen wie der Ball in ein Gebüsch rollt und der Ballon davonfliegt. Simpel und doch gleichzeitig extrem wirkungsvoll.
Aber die wohl prägnantesten Szenen in denen man Langs Technik sehen kann, sind die in welchen sich die hohen Polizeimitglieder zur Beratung versammeln, die Oberhäupter der Ringorganisationen treffen sich jedoch auch gleichzeitig, so wird das Bild immer wieder zwischen den verschiedenen Räumen geschnitten, das die Sprecher beider Parteien ihre Sätze gegenseitig beenden, sodass der Eindruck entsteht, das beide Seiten dem gleichen Ziel entgegenfiebern obwohl der Antrieb ein anderer ist.

Doch trotz all dieser filmischen Spielereien steckt in diesem Film mehr Realismus als es auf den ersten Blick erkennen lässt. So basiert ein Großteil des Films auf der Geschichte des Peter Kürten, dem so genannten „Vampirs von Düsseldorf“, ein Serienmörder der erst nach 15 Monaten Jagd und 3 Wochen vor der Premiere des Films von der Polizei gestellt werden konnte.
Aus diesem Grund ist der Film in anderen Ländern wie in beispielsweise Spanien und Brasilien unter dem Titel: „M – Der Vampir aus Düsseldorf“ bekannt geworden, obwohl in diesem eindeutig klar wird das der Handlungsort Berlin ist. Aber auch die im Film benannten Spurensicherungstechniken waren zur damaligen Zeit sehr neu und Kürtens Fall war der erste in welchem diese Techniken zum Einsatz kamen. Lang erfuhr nur aufgrund seines engen Kontaktes zur Berliner Polizei davon, sodass er sie in seinem Film verwenden konnte.
Auch kommt beim Ansehen des Filmes das Gefühl auf, das manche der im Film aufkommenden Fragen auch heutzutage noch sehr aktuell sind, wie zum Beispiel die unterschiedlichen Ansichten von Polizei und der Organisation in der Frage wie mit dem Mörder verfahren werden sollte und die dahinterstehende moralische Frage, ob es gerecht ist einen Menschen zu töten, um andere zu schützen oder zu retten.

Die Stimmung des Films ist durchweg düster und aufgeladen gehalten, in Szenen der Ringorganisationen sogar sichtbar aggressiv und geprägt von Hass wie vor allem am Ende klar wird. Dies soll eine Spiegelung der damaligen Verhältnisse in Deutschland darstellen, da Lang es für sehr wichtig erachtete eine möglichst genaue Zeichnung der damaligen Gesellschaft zu zeigen, die sich durch die Krise der Weimarer Republik immer weiter spaltete und schließlich mit dem Sieg der Nationalsozialisten endete. Die im Film gezeigte paranoide Form von gegenseitiger Bespitzelung, beziehungsweise die Schuldzuweisungen und die wachsende Macht der Unterwelt im Vergleich zur stagnierenden Polizei sind Indizien für den nahenden Kollaps der Gesellschaft.

Zusammenfassend lässt sich sagen, das Fritz Langs „M“ zu guter Recht als ein wegweisendes und gar revolutionäres Meisterwerk zu verstehen ist, in dem sich nicht nur die damalige Zeit unter den Vorzeichen des nahenden Aufstieg des Nationalsozialismus darstellt, sondern auch noch heutige moralischen Fragen aufwirft und versucht diese von allen Seiten zu beleuchten.

 

verfasst im Wintersemester 2017/2018

Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/M_(1931)
https://www.kino.de/film/m-eine-stadt-sucht-einen-moerder-1931/
https://www.filmtipps.at/kritiken/M_Eine_Stadt_sucht_einen_Moerder/
http://cinema.arte.tv/de/artikel/m-eine-stadt-sucht-einen-moerder-von-fritz-lang-0

 

M…: eine Rezension von Ann Catherine Schlüter

Quelle: follow-me-now.de / © Universum Film (http://www.follow-me-now.de/html/body_m.html)

Pfeifen wird hauptsächlich mit einem akustischen Geräusch assoziiert, welches Freude oder Anerkennung ausdrückt. Ein Pfeifen kann einen Startzeitpunkt ankündigen, zum Beispiel, wenn der Schaffner auf dem Bahnsteig pfeift, oder aber auch ein Ziel, wenn der Teekessel pfeift. Pfeifen kann schrill sein und Unwohlsein hervorrufen, wenn dadurch geschlecht-bedingte Machtpositionen offengelegt werden. Pfeifen reproduziert Melodien, meistens in wiederholender Abfolge, die Musikalität und Wiedererkennung ausdrücken. So auch die Leitmelodie aus Edvard Griegs „Peer Gynt-Suite“ in dem Film „M – eine Stadt sucht einen Mörder“, der unter der Regie von Fritz Lang im Jahre 1931 produziert wurde.

In einer namenlosen Stadt treibt sich ein Kindermörder herum, der junge Mädchen bei der Schule abfängt, diese mit Süßigkeiten und aus runden Luftballons dargestellten Menschenkörper anlockt und schließlich umbringt. Das Verschwinden der jungen Schülerin Elsie Beckmann animiert das Polizeipräsidium sich den Vorfällen intensiver anzunehmen, doch zum Beginn des Films gibt es keine vernünftige Spur. Die Stadt gerät zunehmend in Unruhe, Kinder dürfen nicht mehr alleine auf der Straße herumlaufen, in allen Ecken werden unschuldige Männer verdächtigt und öffentlich denunziert. Denn das es sich um einen männlichen Mörder handelt, ist selbstverständlich. Ebenso wie es die Männer sind, die die Entscheidungen treffen, spiegelt sich die gesellschaftliche Bedeutung des weiblichen Geschlechts der Weimarer Republik auch in der Unterrepräsentanz der Frauen in Fritz Langs Film wider. Die weiblichen Figuren reduzieren sich auf Mütter, Hausfrauen und Prostituierte.

Durch die gesellschaftliche Skepsis sehen sich die Diebe, Bettler und Verbrecher der Stadt in ihrer Existenz bedroht, weswegen sie beschließen, sich in den Fall einzumischen.

„M – eine Stadt sucht einen Mörder“ spielt auf humorvoller Weise mit der Verfolgungsjagd zwischen den Gaunern und den dümmlich wirkenden Polizisten, wobei es dem Zuschauer schwer fällt, nicht mit der sympathisch verbrüderten Verbrecherbande um das Stellen des Mörders mitzufiebern. „Verpfeif‘ mich nicht bei den Bullen!“, scheint es in den Gassen als Codewort unausgesprochen wiederzuhallen. Wo die Kriminalpolizei sich immer noch mit ermittlungsbedingten Details aufhält, haben die Verbrecher ein ausgereiftes Konzept erstellt, den Mörder auf der Straße auf frischer Tat zu ertappen.

Trotz der historisch-bedingten ungewohnten schwarz-weiß-Ästhetik und der langsamen Narrations- und Schnitttechnik, schafft es Fritz Lang aufgrund der Wirkung von Licht und Schatten Spannung beim Zuschauer hervorzurufen. Durch den minimalistischen Einsatz von Ton, der sich rein auf die Dialoge, das Pfeifen des Mörders und wenige Atmo-Geräusche in Langs erstem Tonfilm reduziert, wird Stille als ästhetisches Mittel eingesetzt. Dieses wirkt am Anfang noch, sich seiner eigenen Immersion in den Filmcontent bewusst zu werden, gegen Ende produziert es jedoch künstlich aufgezogen Längen, die auch durch die langanhaltenden Totalaufnahmen forciert wird. Der akustisch deutliche Unterschied zwischen Live- und Off-Aufnahmen lässt sich leider auch nicht anhand der bildlich illustrierenden Diashows ausblenden, die dem Zuschauer die unterschiedlichen Ermittlungsvorgänge der beiden Konkurrenten durch in Gesprächen eingebetteten Retrospektiven aufzeigen.

Sehr ansprechend wird durch die Symbolik von Treppen der gesellschaftliche Status der Figuren dargestellt. Sei es die Mutter, die nach ihrer verschwundenen Tochter das Treppenhaus hinab ruft oder das nicht-endende Treppenhaus des Kaufhauses, in dem sich vermutlich der Mörder versteckt hält und welches die Bettler in hektischer Art und Weise aufbrausend hoch- und runterrennen. Sehr gelungen ist die Metapher, dass sich der Mörder auf dem Dachboden in Sicherheit währt, während er letztendlich von den Verbrechern grob die Treppe heruntergestoßen wird und erschöpft auf dem Boden liegen bleibt.

Fritz Lang erzählt mit „M – eine Stadt sucht einen Mörder“ eine langatmig ausformulierte Geschichte, die das eigene Moralverständnis hinterfragt und zugleich einen wundervollen Kontrast zu den heutigen „Tatort“-Kriminalfilmen bietet, in dem die Logik der Ermittlungen eine geringere Rolle spielt, als dass der Fall innerhalb von 45 Minuten abgehakt wurde.

 

geschrieben im Wintersemester 2017/2018